Wirtschaftschronik 1989:
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16.
Oktober: "Mini-Crash" an den Weltbörsen! Den größten Tagesabsturz in seiner Geschichte erlitt
der DAX am diesem Montag. Er brach um 12,81 Prozent (203 Punkte) ein. ·
Die UNO erklärt offiziell den
31. Oktober
zum Weltspartag.
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30. November
1989: Alfred Herrhausen
ermordet. Am Morgen verließ der Vorstandsvorsitzende
der Deutschen Bank sein Haus in Bad Homburg, um mit seinem Dienstwagen zur Arbeit
zu fahren. Etwa drei Minuten später detonierte vor einem Parkhaus eine Bombe, die sich auf einem präparierten Fahrrad
am Straßenrand befand. Herrhausen kam bei dem Attentat
ums Leben, sein Chauffeur wurde nur leicht verletzt. ·
31. Dezember:
Die Auszahlung von Begrüßungsgeld an die Bundesrepublik Deutschland besuchende
DDR-Bürger wird eingestellt.
Arbeit und Soziales
1989: Flaute auf dem Arbeitsmarkt Auf den anhaltend hohen Stand der Arbeitslosigkeit
reagiert die deutsche Bundesregierung mit dem Versuch der Wiedereingliederung
von Langzeitarbeitslosen und einer neuen Vorruhestandsregelung. Der Mangel an
preiswertem Wohnraum wird zusehends zu einem brisanten sozialpolitischen Thema.
Eine Rentenreform begrenzt die Steigerung der Altersruhegelder. Mit 2,038 Mio. Erwerbslosen in der Bundesrepublik
wird auch 1989 wie in den vergangenen Jahren (seit 1983) die 2-Mio.-Grenze nicht
unterschritten. Die Arbeitslosenquote liegt bei 7,9% (1988: 8,7%). 31% der Erwerbslosen
sind länger als ein Jahr ohne Beschäftigung, die Hälfte von ihnen länger als zwei
Jahre. Am 31. Mai stellt Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) ein Programm
für Langzeitarbeitslose vor. Vom 1. Juli an sollen Arbeitgebern Lohnkostenzuschüsse
in Höhe von insgesamt 1,75 Mrd. DM zur Verfügung gestellt werden, wenn sie Langzeitarbeitslose
bzw. schwer vermittelbare Arbeitslose einstellen oder qualifizieren. Allerdings
werden im ersten Jahr nur knapp 28 000 statt wie erhofft 70 000 Langzeiterwerbslose
vermittelt. Durch die neue Altersteilzeit wird Arbeitnehmern
nach Vollendung des 58. Lebensjahres ein gleitender Übergang in den Ruhestand
ermöglicht. Der Arbeitnehmer erhält in dieser Zeit für die Hälfte der Arbeitszeit
rund 70% des letzten Nettolohns. Die Altersteilzeit löst das bis Ende 1988 befristete
Vorruhestandsgesetz ab. Bei den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) begrenzt Anfang
1989 eine Gesetzesnovelle den Höchstfördersatz, zu dem das Arbeitsamt die Lohnkosten
für allgemeine ABM übernimmt, auf 75% (vorher 80%), macht jedoch eine bis zu 100-prozentige
Förderung in Notstandsgebieten möglich. 1989 sind 96 600 Personen in ABM
tätig (1988: 115 000). Zum 1. April wird die Arbeitszeit im öffentlichen
Dienst von 40 auf 39 Wochenstunden reduziert, in der Metallindustrie von 37,5
auf 37 Stunden. Nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) sind seit
1984 durch Arbeitszeitverkürzung rund 410 000 neue Stellen geschaffen worden.
1989 beträgt die durchschnittliche tarifvertraglich festgelegte Arbeitszeit in
der Bundesrepublik 38,55 Stunden (1988: 38,97). Am 10. März einigen sich die Tarifparteien
der Druckindustrie auf einen neuen Manteltarifvertrag für ihre 220 000 Beschäftigten,
wonach Samstagsarbeit nur noch in Ausnahmefällen und in Form von Überstunden zulässig
sein soll. Gegenläufige Tendenzen – eine flexiblere Wochenarbeitszeit mit dem
Samstag als vollem Arbeitstag – sind jedoch in vielen deutschen Automobilunternehmen
die Regel. Im Einzelhandel wird am 5. Oktober der »lange Donnerstag« (bis 20.30
Uhr) eingeführt. Angesichts steigender Mieten vor allem in Ballungsgebieten
– seit 1983 um rund 40% im Bundesdurchschnitt – wirkt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts
(vom 14. 2. 1989) über Wohnungskündigungen bei Eigenbedarf alarmierend: Eine Eigenbedarfskündigung
ist dann rechtens, wenn der Vermieter einen »vernünftigen und nachvollziehbaren
Grund« vorweisen kann. Die Karlsruher Richter schließen sich einer 1988 getroffenen
Entscheidung des Bundesgerichtshofs an, durch die Eigenbedarfskündigungen erleichtert
wurden. Als Reaktion auf die zunehmende Wohnungsnot beschließt
die Bonner Regierungskoalition am 7. November, für den Bau von Sozialwohnungen
in den vier Jahren 8 Mrd. DM auszugeben. Das ist fast doppelt so viel wie ursprünglich
geplant. Damit sollen bis 1993 480 000 Sozialwohnungen entstehen (7.11.). Am 9. November billigt der Bundestag die Reform
der gesetzlichen Rentenversicherung. Sie koppelt die alljährlich zum 1. Juli fällige
Rentenanpassung an die durchschnittlichen Nettoeinkommen der Arbeiter und Angestellten
statt an die Bruttoeinkommen. Dadurch soll verhindert werden, dass die Altersruhegelder
stärker als die Nettolöhne steigen. Verkehr 1989: Probleme mit Blechlawine Bestimmendes verkehrspolitisches Thema bleibt auch
1989 der Konflikt zwischen Schiene und Straße vor allem im Güterverkehr. Obwohl
die Klagen über Abgas- und Lärmbelästigung, über Umweltschäden und Flächenverbrauch
des Straßenverkehrs stetig wachsen, kann von einem Umdenken zugunsten des Bahntransports
nicht die Rede sein. 1989 werden im Güterverkehr in der Bundesrepublik
Deutschland 180 Mrd. Tonnenkilometer durch Lkw geleistet, gegenüber 78,7 Tonnenkilometer
zehn Jahre zuvor. Experten rechnen mit einer weiteren Zunahme bis zum Jahr 2000
um 25 bis 44%. Auf Schienenwegen werden dagegen nur 59 Mrd. Tonnenkilometer abgewickelt,
über 7 Mrd. weniger als 1979. Ein weiterer verkehrspolitischer Dauerkonflikt
erreicht im Mai 1989 in West-Berlin einen neuen Höhepunkt. Nachdem auf der 8 km
langen Stadtautobahn Avus wegen der hohen Unfallzahlen ein Tempolimit von 100
km/h eingeführt worden ist, blockieren am 3. Juni 20 000 Autofahrer die Schnellstraße,
um gegen »Schikane« und »Gängelei des Bürgers« zu protestieren. Am Fahrbahnrand
formiert sich eine Gegendemonstration, die Tempo 100 auf der Avus und Tempo 30
in der Stadt fordert. Im Luftverkehr sieht sich die staatliche Fluggesellschaft
Lufthansa 1989 einer ungewohnten Situation gegenüber: Erstmals machen ihr mit
Aero Lloyd, German Wings und
Air Europe private Linien Konkurrenz. In einem Rechtsstreit wird die Lufthansa
gezwungen, im Linienverkehr Tickets der German Wings
anzuerkennen. Transrapid schwebt mit 500 km/h über elektromagnetische
Trasse Die Bundesregierung beschließt 1989 den Bau einer
regulären Probestrecke für die Magnetschwebebahn Transrapid zwischen den Flughäfen
Düsseldorf und Köln/Bonn. Dieser Plan wird 1993/94 zugunsten der Strecke Hamburg-Berlin
aufgegeben. Der Transrapid erreicht Höchstgeschwindigkeiten
von 500 km/h und ist besonders für längere Strecken geeignet. Er hat einen kleineren
Kurvenradius als konkurrierende Hochgeschwindigkeitszüge und gilt als entgleisungssicher.
Nachteil ist, dass ein neues Streckennetz aufgebaut werden muss. „Exxon Valdez“ verseucht
Gewässer vor Alaska
Über den Ereignissen in Osteuropa und China geraten
andere Entwicklungen und Ereignisse fast in den Hintergrund. US-Truppen marschieren
1989 in Panama ein, um den Militärmachthaber Noriega festzunehmen, dem sie Verwicklung
in den internationalen Drogenhandel vorwerfen. In Kolumbien sucht die Regierung
verzweifelt nach Mitteln gegen die Macht der Kokainkartelle. Schwere Schädigungen der Umwelt werden publik.
Am 24. März läuft der Supertanker »Exxon Valdez« vor der Küste von Alaska auf
ein Riff und schlägt leck. 44 000 Tonnen Rohöl laufen ins Meer – mit unabsehbaren
Folgen für Pflanzen und Tiere, für das ökologische Gleichgewicht der Küstenregion.
Die schleichende Verschmutzung der Adria trifft im Sommer 1989 nicht nur Flora
und Fauna, sondern auch die Geldbeutel derjenigen, die vom Tourismus profitieren.
Weil Meer und Strand von fauligem Algenschleim überzogen sind, kehren viele Urlauber
dem »Teutonengrill« den Rücken. Weniger spektakulär, dafür aber mit noch sehr
viel weiter reichenden Folgen verlaufen andere Eingriffe in das Gefüge der Natur:
die Abholzung der Tropenwälder, die Ausdünnung der Ozonschicht, der weitere Anstieg
des Kohlendioxidausstoßes, der wesentlich zum sog. Treibhauseffekt und damit zu
globalen Klimaveränderungen beiträgt. |